Redox-Flow-Batterien

Synonyme: Redox-Durchfluss-Batterien
Abkürzungen: Flow-Batterien, RF-Batterien, RFB

Charakteristisch für diesen Batterietyp ist, dass sich die Leistung (Größe des Reaktors) unabhängig von der Kapazität (Elektrolytvolumen) skalieren lässt, denn die elektroaktiven Materialien (Elektrolyte) lassen sich in externen Tanks speichern.

RF-Batterien werden seit den 1970er Jahren entwickelt. Ein Verfahren zur Speicherung elektrischer Energie in Flüssigkeiten wurde allerdings bereits 1949 von Walther Kangro von der Technischen Universität Braunschweig patentiert.1 In den 80er und 90er Jahren wurden in den USA und Asien verschiedene Prototypen gebaut und getestet. Mittlerweile gibt es kommerzielle Installationen mit Leistungen von bis zu 200 kW und Kapazitäten von 800 kWh. Die in den 1980er Jahren entwickelte Vanadium-Redox-Flow-Batterie gilt als das am besten untersuchte Redox-Flow-Batterien-System.2

Forschungsanstrengungen konzentrieren sich derzeit vor allem auf die Reduktion der Anlagen- und Wartungskosten und die Suche nach neuen Elektrolytsystemen für höhere Energiedichten, Elektrodenoptimierung für mehr Leistung, Membranentwicklung für geringere Wartungskosten und elektrische Systementwicklung.

Aufbau

Die besondere Eigenschaft von RF-Batterien ist, dass wenigstens ein redoxaktiver Stoff als fließende Medien (z. B. Flüssigkeiten, Gase und Suspensionen) vorliegt. Dies ermöglicht eine Entkoppelung der Skalierung von Energie und Leistung, wie es auch bei Brennstoffzellen der Fall ist. Die Kapazität einer RF-Batterie wird durch die Größe der Elektrolyttanks bestimmt, ihre Leistung durch die Größe des Energiewandlers.

In Redox-Flow-Batterien kommen im Gegensatz zu den anderen Batterietypen (meist) zwei flüssige Elektrolyte zum Einsatz, welche die beiden Aktivmaterialien für die Anoden- und Kathodenreaktion enthalten. Die Elektrolytlösung, die sich in der Nähe der Anode befindet, wird als Anolyt bezeichnet. Analog spricht man von der Elektrolytlösung auf der Kathodenseite vom Katholyt. Die Elektrolyte werden durch eine sogenannte ionenselektive Membran voneinander getrennt, die nur für bestimmten Ionen passierbar ist. Nur diese können zur Gegenelektrode gelangen und dort elektrochemisch reagieren.

Die Redoxreaktionen können sowohl in Einzelzellen erfolgen als auch in brennstoffzellenähnlichen Energiewandlern, den sogenannten Stacks. Bei diesen „Zellstapeln“ handelt es sich um hintereinander angeordnete elektrochemische Zellen. Im Gegensatz zu anderen Batterien benötigen RF-Batterien Pumpen, um die Elektrolyte an den Anoden und Kathoden vorbeizirkulieren zu lassen.

Eine Redox-Flow-Batteriezelle ist meist folgendermaßen aufgebaut: Die Durchflussrahmen, welche für die Verteilung der Elektrolyte sorgen, werden durch die ionenselektive Membran getrennt. In den Durchflussrahmen befinden sich Filze aus Graphit, die als Elektroden mit einer hohen Oberfläche dienen. Zudem werden Isolationsplatten für eine elektrische Isolierung zwischen den Halbzellen, Graphitplatten für den Abschluss der Halbzellen und Endplatten für die mechanische Stabilität ergänzt. Die Zelle bildet zusammen mit Fluidtechnik, Pumpen und gegebenenfalls Wärmemanagement, Aktoren, Sensoren, Batteriemanagementsystemem und weiteren Komponenten die RF-Batterie.2

Vor- und Nachteile

Vorteile

  • guter energetischer Wirkungsgrad: 60 bis mehr als 75 Prozent
  • hohe Lebensdauer (10 bis 20 Jahre) und Zyklenfestigkeit (> 10.000 Zyklen)
  • gute Ansprechzeit: einige Mikro- bis Millisekunden
  • flexibler Aufbau durch Trennung von Energiespeicher und -wandler, leicht skalierbar, modulares Design
  • Überlade- und Tiefentladetoleranz
  • geringer Wartungsaufwand
  • fast keine Selbstentladung

Nachteile

  • geringe Energiedichte: 10 bis 25 Wh/L (Elektrolyt: 30 bis 80 Wh/L), was sehr große Tanks nötig macht, um viel Energie speichern zu können
  • Kosten

Anwendungen

RF-Batterien eignen sich als stationäre Energiespeicher vor allem für den industriellen Einsatz (Backup-Power, Lastmanagement), auf Verteilernetzebene (MW- und MWh-Bereich, Netzmanagement) und für netzferne Anwendungen und Minigrids (kW- und kWh-Bereich, Langzeitspeicherung).

Typen2

Bis heute wurden mehr als 56 verschiedene RFB-Systeme in der Fachliteratur beschrieben, von denen allerdings nur eine geringe Menge kommerzialisiert worden ist oder sich in der Kommerzialisierungsphase befindet. Diese lassen sich in verschiedene Kategorien unterteilen. Zunächst wird unterschieden, ob es sich bei den Lösemitteln, die im Elektrolyten eingesetzt werden, um chemische Substanzen handelt, die in der Lage sind, ein Wasserstoff-Atom als Proton abzuspalten (protische Lösemittel) oder nicht. Diese Gruppen werden dann weiter danach unterteilt, in wie vielen Phasen die Elektrolyte/Aktivmaterialien vorliegen, also etwa flüssig und gasförmig (zweiphasig) oder nur flüssig (einphasig). Eine Unterkategorie der RF-Batterien sind die Hybrid-Flow-Batterien, die eine flüssige und eine feste elektroaktive Komponente enthalten.

Da die Stacks ein wichtiger Preistreiber bei diesen Batteriesystemen sind, ist es sinnvoll, Systeme mit hohen Stromdichten auszuwählen. Lässt man dann noch solche außer Acht, die bislang mehr akademisches als industrielles Interesse erhalten haben und ebenso solche, die eine aufwändige Systemtechnik mit sich bringen, bleiben nur wenige Systeme übrig, die sich nach heutigen Gesichtspunkten wirtschaftlich einsetzbar sind bzw. sein könnten. Diese sind im Folgenden fett hervorgehoben.3

Redox-Flow-Batterietypen:

  • mit aprotischen Lösemitteln oder ionischen Flüssigkeiten:
    • einphasig (flüssig)
      • Ruthenium-2,2′-Bipyridin-Komplexe
      • Nickel-2,2′-Bipyridin-Komplexe/Eisen-2,2′-Bipyridin-Komplexe
      • Ruthenium-Acetylaceton-Komplexe
      • Vanadium-Acetylaceton-Komplexe
      • Chrom-Acetylaceton-Komplexe
      • Mangan-Acetylaceton-Komplexe
      • Uran-Acetylaceton-Komplexe
      • Cobalt-Acetylaceton-Komplexe
      • Vanadium-Acetylaceton-Komplexe
      • Vanadium-Mononitrotoluol-Komplexe
      • TEMPO/NMPI (2,2,6,6-Tetramethylpiperidinyl-1-oxyl/N-Methylphtalimid
      • DBBB/TMQ (1,4-Dimethoxy-2,5-bis(2-methyl-2-propanyl)benzol)/2,3,6-Trimethylchinoxalin)
      • Eisen-TEA-Komplex/Brom (TEA = 2,2′,2′′-Nitrilotriethanol)
    • zweiphasig (Suspension, Nanofluide etc.)
      • Lithium-Cobalt(III)oxid/Lithium-Titanat
      • Lithium/15D3GAQ (15D3GAQ = 1,5-Bis{2-[2-(2-methoxyethoxy)ethoxy]ethoxy}-9,10-anthrachinon)
      • Lithium-Eisenphosphat/Lithium-Titanat
      • Lithium/Eisen
      • Natrium/EMICI-Eisen (EMICI = 3-Ethyl-1-methyl-1H-imidazol-3-iumchlorid)
      • Kupfer/Kupfer-Dea-EHN-Komplex (DEA = 2,2′-Iminodiethanol, EHN = 2-Ethylhexanoat)
      • Kupfer/Kupfer-Chinolinchlorid-Komplex
  • mit protischen Elektrolyten:
    • einphasig (flüssig)
      • Vanadium/Vanadium, wird auch als All-Vanadium bezeichnet
      • Vanadium/Eisen
      • Vanadium/Brommonochlorid
      • Vanadium/Cer
      • Chrom/Eisen
      • Chrom/Brom
      • Chrom/Chrom
      • Schwefel/Brom
      • POxM
      • Titan/Eisen
      • Titan/Brommonochlorid
      • Neptunium/Neptunium
      • Iod/Iod
      • Eisen(EDTA)/Brom
      • Chrom(EDTA)
      • Chinone/Brom
    • zweiphasig (hybrid)
      • Zink/Nickel
      • Zink/Brom
      • Zink/Chlor
      • Zink/Brommonochlorid
      • Zink/Vanadium
      • Zink/Cer
      • Vanadium/Sauerstoff
      • Eisen/Eisen
      • Cadmium/Brom
      • Blei/Blei
      • Kupfer/Kupfer
      • Kupfer/Blei
      • Zink/Polyanilin
      • Cadmium/Chloranil
      • Blei/Tyron
      • Vanadium/Glyoxal(O2)
      • Vanadium/Cystin(O2)
    • zweiphasig (flüssig/gasförmig)
      • Wasserstoff/Brom
      • Wasserstoff/Chlor
      • Wasserstoff/Eisen
      • Wasserstoff/Vanadium

Literatur

  1. Kangro, W., Verfahren zur Speicherung von elektrischer Energie, Patentschrift Nr. 914264 (08.07.1949)
  2. Noack, J.; Roznyatovskaya, N.; Herr, T.; Fischer, P., Angew. Chem., (2015) 127(34), S.9912-9947; Online (jüngster Zugriff: 07.06.2018)
  3. Tübke, J.; Fischer, P.; Noack, J., Redox-Flow-Batterien: Status Quo und neue Entwicklungstrends, Batterieforum Deutschland 2017, 25.-27. Januar 2017, Berlin
  • EASE, Hrsg., Energy Storage Technology Descriptions: Flow Battery, EASE – European Associaton for Storage of Energy: Brüssel (2016); Online (jüngster Zugriff: 30.05.2018)